Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlassen?

Gedanken zwischen Karfreitag und Ostern

Hatten Sie auch in den letzten Wochen dieses leere, ohnmächtige Gefühl, wenn uns wieder furchtbare Bilder von Krieg und Zerstörung erreichten.  Bilder sinnloser Gewalt, wo wir doch dachten, zumindest in Europa sei Krieg keine Option der Politik mehr. Und jetzt? Das Grauen des Kriegs, Ratlosigkeit, Aufrüsten – noch mehr Waffen und Taktieren zwischen Solidaritätsbekundungen und Schadensbegrenzung. 

Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlassen? Die Anfangsworte des 22. Psalms sind den Evangelien von Matthäus und Markus zufolge auch letzte Worte Jesu am Kreuz vor seinem Sterben. Worte die an den Abgründen menschlichen Lebens und Handelns ihr eigenes Gewicht haben. Zeugnis von äußerster Verzweiflung und dem Gefühl des Verlassenseins. Zugleich ist der Rückgriff auf den alttestamentarischen Psalm, als das Sterbegebet eines gläubigen Juden, ein Text, dem  ein tiefes Gottvertrauen innewohnt.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht, und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe. Aber du bist heilig, der du thronst über den Lobgesängen Israels.  Unsere Väter hofften auf dich; und da sie hofften, halfst du ihnen heraus. Zu dir schrien sie und wurden errettet, sie hofften auf dich und wurden nicht zuschanden. 
Vielleicht haben Sie auch die wunderbare musikalische Vertonung von Felix  Mendelssohn-Bartholdy dazu im Ohr, ein Wanderer zwischen christlicher und jüdischer Welt.
Auch die Musik drückt aus: Wir leben in der Spannung zwischen Lebensfreude und Lebensleid und beides existiert oft so nah beieinander, beides sind Lebenswirklichkeiten. 
Am Ostersonntag werden sich wieder viele Mitbürgerinnen und Mitbürger auf die Erlanger Friedhöfe begeben, um an die Toten zu denken. 
Und sie werden sehen wie die Gottesäcker im Frühjahr leuchten durch die aufblühenden Osterglocken. Ein Zeichen der Hoffnung.   Und die Christinnen und Christen werden sich zurufen: Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!  Tod wo ist dein Stachel, Hölle wo ist dein Sieg?
Ja, es ist die große Hoffnung, dass nicht der Tod, nicht das Grauen das letzte Wort behalten, sondern, dass es sich lohnt mit Gottvertrauen durch das Leben zu gehen, und sich anrühren zu lassen von  der österlichen Botschaft der Hoffnung. Damit nicht der Tod, sondern das Leben die Oberhand behält. 

Frohe Ostern!

Pfarrer Christian Düfel, St. Matthäus Erlangen
 

Christian Düfel

Pfarrer Christian Düfel
Evang. Kirchengemeinde St. Matthäus Erlangen