Ein frohes Himmelfahrtsfest

Gott gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid. (Epheser 1,18)

Liebe Leserin, lieber Leser,

An Himmelfahrt geht Christus wieder zurück in den „Himmel“. Doch spricht man vom „Himmel“, so ist die Botschaft nicht immer eindeutig. Ist das Firmament über uns gemeint oder das ideelle Paradies? Was könnte bedeuten, dass der Himmel offen ist?
Nach den ersten Wochen des Lockdown im vergangenen Jahr war der Himmel wohl in einer besonderen Weise geöffnet. Weniger Verkehrslärm hatte dazu beigetragen, dass manche Singvögel nicht mehr so laut wie sonst singen mussten; weniger Industrieproduktion hatte die Smogglocken über vielen Metropolen für kurze Zeit verschwinden lassen; weniger Flugverkehr bedeutete weniger Kondensstreifen. Für einige Wochen war der Himmel freier und offener – und nebenbei gesünder.
Nun ist über ein Jahr seither vergangen und viele Menschen sehnen sich eher nach alter Normalität zurück. Der Alltag ist für viele schwerer geworden und viele Berufsgruppen sehnen sich zurecht danach, ihren Aufgaben und Fähigkeiten wieder nachgehen zu können. Es ist wohl weniger der Blick in den Himmel, der derzeit weiterhilft, als vielmehr die Aussicht in die unmittelbare Zukunft. Dabei bleibt der Blick in den Himmel faszinierend und die ersten Flüge ins Weltall sollen bald versteigert werden.
Wo aber bleibt bei all dem Gott? Juri Gagarin soll nach seinem Flug ins All 1961 erklärt haben: „Ich habe keinen Gott gesehen!“ - Aber wer hätte das schon erwartet? Christlicher Glaube sucht Gott nicht in unendlicher Ferne, sondern in unmittelbarer Nähe. Preußisch-trocken formulierte Immanuel Kant dazu: „Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“. Gott lässt sich erst in dieser Doppelung in seinem Wesen erfassen – und jede Sicht auf ihn ist nicht nur ein Hinweis auf seine Allmacht, sondern gleichzeitig ein Appell an das eigene Gewissen.
Das ist letztlich der Kern dessen, was in der Bibel mit dem metaphorischen Begriff der „Himmelfahrt“ gefasst ist: Der Gott, der in Jesus Christus auf Erden war, ist selbst nach Tod und Auferstehung gegenwärtig, indem er seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern den Auftrag gab, in seinem Namen zusammen zu bleiben. Sie sollen in seinem Namen eins sein. Er stiftet Einheit und Einigkeit unter ihnen und gibt jene „erleuchtete Augen des Herzens“, die im Epheserbrief verheißen sind. Dieses schöne Bild fasst jenen doppelten Blick zusammen, der gleichzeitig hinaus in die Ferne, in den Himmel, und hinein in das Innere sehen lässt und ein Stück weit dazu verhilft, Gottes Himmel auf Erden für die Menschen zu suchen und zu verwirklichen.
Mögen Ihnen diese „erleuchteten Augen des Herzens“ aufgehen!
Ein frohes Himmelfahrtsfest und eine gesegnete Zeit wünscht Ihnen Pfr. Dr. Peter Baumann

Dr. Peter Baumann

Autorin/Autor:
Pfr. Dr. Peter Baumann
Evang. Luth. Kirchengemeinde Erlangen-Altstadt
13.05.2021 (Woche 19/21)