Kirchen sind Krafttäume

Bei einem Konfi-Workshop im letzten Sommer. Wir haben ein bisschen Zeit. Ein Konfirmand nutzt die Gelegenheit, um mich mal was zu fragen: „Warum sind Sie eigentlich Pfarrer geworden?“ Ich denke kurz nach und antworte: „Der Glaube an Gott gibt mir Kraft, davon will ich anderen Menschen erzählen.“ Das hat ein anderer Jugendlicher gehört und sagt: „Der Glaube ist doch für nach dem Tod wichtig, dass die Seele zu Gott kommt.“ - ‚Ja, das war schon bei Martin Luther so“, meldet sich eine Konfirmandin zu Wort – Ergebnis eines vergangenen Konfi-Samstags. 
Ich merke, die wollen es wirklich wissen: „Natürlich glaube ich daran, dass es ein Leben bei Gott nach diesem Leben gibt. Genau dieser Glaube an Gott, der gibt mir Kraft. Ich lebe hier und jetzt. Da muss der Glaube für mich auch etwas ganz konkret bringen. Das ist für mich so etwas wie ein plus des Glaubens für das Leben.“ - „Und das plus des Glaubens ist für Sie ‚Kraft‘?“ fragt einer der Jugendlichen. Beim Wort Kraft schwingt ein Unterton mit. Mit diesem Wort hätte er jetzt nicht gerechnet. „Ja, Kraft!“ bestätige ich. Ich stelle eine Gegenfrage: „Brauchst ihr keine Kraft?“ - „Oh doch“, schießt es aus ihnen heraus: „In der Schule brauche ich Kraft, beim Fußball, mit meinen Eltern.“ - „Ja, und genau da hilft der Glaube“, ist meine Antwort. „Echt jetzt?“ Die Jugendlichen müssen darüber nachdenken.
Ein kurzes, aber ganz dichtes Gespräch. Hier ist viel passiert, hier ist viel diskutiert worden über Gott und die Welt. Solche Gespräche liebe ich. Ich kann sie nicht erzwingen, sie kommen einfach so. Und das ist schön. Ich will deutlich machen: Freilich greift der Glaube an Gott über dieses Leben hier hinaus. Der Glaube hat für mich aber auch ein ganz direktes plus in diesem Leben. Er hilft mir, mein Leben besser zu gestalten. Der Glaube gibt mir Kraft. Das wird auch in der Bibel an ganz vielen Stellen so gesagt: „Die auf den Herrn hoffen, bekommen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler.“ (Psalm 41,10). Kraft brauchen wir alle in jedem Alter. Auch wenn die Kraft, die benötig wird, ganz unterschiedlich aussieht. 
Es geht um eine Kraft, die uns hilft, gut mit dem Leben klar zu kommen. Das betrifft den ganzen Menschen mit Seele, Geist und Körper. Insofern sind Kirchen auch Krafträume ganz besonderer Art. Hier werden Menschen gerade im Gottesdienst für das Leben gestärkt. Der Glaube geht freilich über diese Räume hinaus und hinein in die Räume unseres Alltags. Die Kraft  zeigt sich zu Hause, auf der Arbeit, in der Freizeit, wo immer ich auch bin. Sie kommt nicht aus mir selbst. Sie kommt von Gott. Ja, deshalb bin ich Pfarrer geworden, damit ich das an viele Menschen weiter geben kann. Ihnen wünsche ich Gottes Segen und viel Kraft!

Oliver Schürrle, Pfarrer in Herzogenaurach und Dekan in der Region Erlangen-West
 

Dekan Oliver Schürrle
Bildrechte Dekanat ©Rüger

Dekan Oliver Schürrle

Pfarrer in Herzogenaurach und Dekan in der Region Erlangen-West