Gute Aussicht

Gedanken zum Ewigkeitssonntag

Es lässt sich nicht leugnen: der Winter steht vor der Tür. Die letzten gelb-roten Laubbäume vor dem Pfarrhaus in Kairlindach haben sich vor ein paar Tagen in schwarz-leere verwandelt. 
Die vielen Fahrradfahrer und Wanderer, die hier im Frühling, Sommer und Herbst die Flucht in die Natur angetreten haben, bleiben aus. Man zieht sich zurück, tritt die Winterruhe an, trinkt Tee, liest ein Buch und schaut auf das eigene Leben.
Der Herbst bringt viele Menschen dazu, über das Leben nachzudenken. Was war? Wo bin ich jetzt? Wo will ich hin?
In sozialer Distanz, ohne Fitness-Studio, ohne Konzert, ohne Party, Theater und Kneipe, kann der Blick in die Zukunft schon mal trüb ausfallen. Wie wird das weitergehen? Wie werden wir Weihnachten und Silvester feiern? 
Ein Blick zurück zeigt wie es war: Rauschende Silvesterpartys, Weihnachtsmarkt mit Glühwein und Bratwurstsemmel, Heiligabendgottesdienste in festlich geschmückten rammelvollen Kirchen, O du fröhliche und Stille Nacht.
So wird es nicht sein.
Nicht in diesem Jahr, nicht solange dieses Virus uns in die Suppe spuckt.
Aber es wird wieder so werden. Menschen werden sich wieder mit einer Umarmung begrüßen. Die Konzertsäle und Theater werden voll sein, wie auch die Kinos. Musizieren und Trainieren ist dann wieder erlaubt. Man wird sich durch Menschenmassen drängeln auf der Bergkirchweih. Dicht an dicht werden die Handtücher im Freibad nebeneinander liegen. Und in Kairlindach wird ein Gemeindefest stattfinden, wie es nur da gefeiert werden kann.
Diese Hoffnung darf man nicht aus den Augen verlieren in aller Distanz und Pandemie-Verdrossenheit. Die Hoffnung auf eine gute Zukunft in Verbindung mit der Erinnerung an alles, was gut und schön war in der Vergangenheit, macht die Gegenwart zu einem guten Ort. 
Ein Ort mit guten Aussichten.
Christ*innen feiern an diesem Wochenende Totensonntag, der auch Ewigkeitssonntag heißt. Auch da schaut man zurück und nach vorne. Man schaut zurück auf die Verstorbenen des vergangenen Jahres. Die Namen der Toten werden verlesen, Kerzen werden entzündet. Wehmütige Tränen werden fließen.
Aber für Christ*innen klingt bei der Trauer um den Verlust auch immer schon die Hoffnung auf die Ewigkeit bei Gott mit.
Wie genau das werden wird – wer weiß…
Aber der Rückblick auf geliebte Menschen und die Aussicht auf eine Ewigkeit in Liebe und Frieden sind wohl die beste Aussicht, die man sich in dunklen Zeiten wünschen kann.
Bleiben Sie behütet und verlieren Sie nicht die Hoffnung.

Elisabeth Weichmann

Autorin/Autor:
Pfarrerin Elisabeth Weichmann
Evang. Luth. Kirchengemeinde Kairlindach
21.11.2020 (Woche 47/20)