Goldener Herbst

Der Herbst hat begonnen. Für viele ist er die schönste Jahreszeit. Die Hitze des Sommers ist vorüber, das Laub der Bäume zeigt sich in einmaligen Farben, es ist Erntezeit. Obwohl das Jahr merklich am verklingen ist, zeigt sich die Natur noch einmal bunt und heiter. Mit dem heiligen Franziskus, dessen Gedenktag am 4. Oktober ist, mag mancher in seinen berühmten Sonnengesang einstimmen: „Gelobt seist du, mein Herr! Durch unsere Schwester, die Mutter Erde; sie trägt und erhält uns, bringt vielerlei Früchte hervor und Kräuter und bunte Blumen.“
Das Bild vom Herbst möchte ich auf unsere Seniorinnen und Senioren übertragen. Diese haben den Sommer des Lebens hinter sich, in seiner Hitze viel gearbeitet, ihren Beitrag für unsere Gesellschaft geleistet. Viele von ihnen fühlen sich aber noch lange nicht alt und grau.  Sie wollen den Herbst ihres Lebens genießen und sich, soweit möglich, an seinen Früchten erfreuen. Drei Gedanken kommen mir dazu in den Sinn: 
1. Die zunehmende Altersarmut ist ein Skandal, der mit allen Mitteln entgegengewirkt werden muss. Sie trifft Menschen, die durch ihre Arbeit unser Land wirtschaftlich stark gemacht und der nachfolgenden Generation ein besseres Leben ermöglicht haben. 2. Viele junge Eltern sind auf die Mithilfe von Oma und Opa angewiesen, um Kinder und Beruf in Einklang zu bringen. Ein gutes Miteinander zwischen den Generationen ist daher unverzichtbar, es festigt die Familien und die Persönlichkeit der heranwachsenden Kinder. 3. In unseren Kirchengemeinden sind die Senioren, vor allem die Frauen, die am stärksten vertretene Gruppe. Sie bereichern durch ihr Engagement das gesamte kirchliche Leben. Ihr Vorbild und ihre Glaubenstreue verdienen hohe Wertschätzung und Mut zur Nachahmung, gerade im Blick auf eine sich verändernde Kirche. 
So wie der Herbst ein wichtiger Teil unseres kosmischen Jahres ist und dieses sprichwörtlich „vergoldet“, so bereichert die ältere Generation unsere Gesellschaft auf vielfältige Weise. Bei all den Unterschieden und immer wieder auch harten Auseinandersetzungen, die es zwischen den einzelnen Lebensaltern gibt, sollte niemand vergessen, dass wir alle aufeinander angewiesen sind und voneinander lernen können. Daran erinnert auch dieses kleine Gebet aus dem Katholischen Gotteslob (790, 1): „Gott, unser Vater, hilf uns, dass wir immer mehr einander achten lernen; gib uns Kraft zum Frieden in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Freizeit. Lass Männer und Frauen, Junge und Alte, Menschen verschiedener Überzeugung einander ertragen und einander Gutes tun.“.

Michael Schüpferling

Autorin/Autor:
Pfarrer Michael Schüpferling
Katholischer Seelsorgebereich Erlangen
26.09.2020 (Woche 39/20)