Ich bin ein hochbezahlter Mensch

Zwei Männer knien in einem Sportstadion auf der Kunststoffbahn. Ihre Füße stehen ganz korrekt in den Startblöcken, gleich werden sie losstürmen. Das Verrückte an diesem Bild aber ist, dass es sich nicht um Sportler handelt, sondern offenbar um Geschäftsleute, Studienräte, Manager oder auch ganz normal um städtische Angestellte etwa. Sie tragen ordentliche Anzüge, Krawatten und Straßenschuhe, und in der linken Hand hält jeder eine Aktentasche. Und über dem Foto steht der Satz: „Zum Erfolg verdammt“.

Was gemeint ist, wissen viele von uns nur zu gut. Nicht nur Chefs, leitende Angestellte, Politiker, Ärzte und überhaupt Frauen und Männer in verantwortlichen Positionen, sondern es fängt ja schon in jungen Jahren an und gilt dann für fast alle Berufe und Lebensabschnitte. Wenn unser Leben gelingen soll, dann müssen wir wohl immer und überall gut sein: gut ın der Schule, gut in der Ausbildung und beim Studium, gut bei Prüfungen und Examen, gut in der Liebe, gut in der Ehe und gut bei der Erziehung der Kinder; und die Kinder müssen wiederum gut sein. Sie ahnen, was ich meine, es geht immer so weiter. Entsetzlich, wenn man zu solch einem Lebensprogramm verdammt ist, das kann doch nicht gutgehen, es muss geradezu krank machen.

Jemand hat in Erinnerung an das christliche Glaubensbekenntnis gemeint, es gäbe auch ein weltliches, und auch dieses habe drei Artikel wie das Glaubensbekenntnis der Christen: „Hast du was, dann bist du was. Kannst du was, dann bist du was. Weißt du was, dann bist du was.“ Demnach soll der Mensch also so viel wert sein, wie er besitzt, leistet und weiß. Im wahrsten Sinne ein materialistisches Denken, bei dem das Geheimnis des Menschen auf der Strecke bleibt.

Gott sei Dank gibt es ein ganz anderes Bild vom Menschen, eine völlig andere Bewertung unseres Lebens. „Ihr seid teuer erkauft“, lese ich im Neuen Testament, Gott hat viel für uns angelegt, alles, seinen Sohn, er ließ es sein Bestes kosten. „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt“, steht ebenfalls geschrieben. Wer von Gott geliebt wird, wer so hochgeschätzt ist, der kann auch andere lieben und wertschätzen. Und noch einmal das Neue Testament, ein Wort des Apostels Paulus: Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat.“ Hier ist von Umgangsformen die Rede, die den Menschen nicht niederdrücken und in Ängste oder Aggressionen versetzen, sondern ihn aufrichten und lebensfähig machen.
Welch eine Befreiung kann es sein, wenn jemand die einfache und so befreiende Wahrheit begreift: Weil Gott mich liebt, bin ich wertvoll. Weil Christus mich angenommen hat, so, wie ich bin, habe ich das entscheidende Examen bereits bestanden. Ich bin Gott seinen Sohn Jesus Christus wert, ich bin ein hoch bezahlter Mensch. Gott will gar nicht, dass ich mich vor ihm und heimlich auch vor mir selbst und anderen abquäle, um anerkannt zu werden, ich bin anerkannt, noch besser kann ich gar nicht werden. Das alles aber macht mich nicht faul und arrogant, sondern bringt mein Leben in Bewegung. Das ist die Pointe: weil ich um meinen Wert nicht mehr kämpfen muss, bin ich ganz und gar frei für meine Umwelt, und kann mich hier und heute für Gottes Schöpfung und seine Menschen investieren, die so wertvoll sind. Insofern ist Gottes Liebe der verborgene Antrieb für ein nachhaltiges Leben.

Michael Ortmann, Pastor
Freie evangelische Gemeinde Erlangen

Michael Ortmann, Pastor
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