„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Jahreslosung 2023

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ So heißt die Jahreslosung 2023. Was sieht Gott denn, wenn er uns sieht? Das Äußere, oder mehr die „inneren Werte“? „Für ihn bin ich wunderbar gemacht“, betet jemand in Psalm 139. Wir glauben daran, dass wir einzigartig sind. Seine Ebenbilder. Bei aller Verschiedenheit.  „Du bist ein Gott, der mich sieht.“  Dieser kleine Satz stammt aus einer hochdramatischen Geschichte: Sara, die Frau Abrahams, wird nicht schwanger. Sie schlägt ihrem Mann vor, ein Kind von der Magd Hagar zu bekommen. Heute würden wir von Nebenfrau oder Leihmutterschaft sprechen, damals war es keine moralische Frage. Die jüngere Hagar beginnt, kaum dass sie schwanger ist, sich über Sara zu erheben. Das ärgert Sara unglaublich, in der Folge schikaniert sie die junge Frau. Ich kürze etwas ab: Hagar flieht in die Wüste. Ein Engel Gottes erscheint Hagar, als sie vor Erschöpfung zusammenbricht. Er fordert sie auf, zurückzukehren, und dort das Kind Ismael (übersetzt: Gott hat gehört) zur Welt zubringen. Eine Quelle tut sich auf, sie verdurstet nicht. Der Engel verspricht: Ismaels Nachkommen werden zahlreich sein. Jedoch, sie soll sich weiter Sara unterordnen. Hagar jubelt, heißt es. Sie gibt Gott den Namen: El-Roi, Gott sieht nach mir. Und kehrt zurück, in die schwierigen Verhältnisse.
Diese Geschichte, die unserer Welt so fremd ist, erzählt etwas Besonderes: Mag sein, dass Du Dich selbst unwichtig, unbeachtet fühlst. Oder denkst, nur die besonders Wichtigen werden gesehen und bekommen ihre Wünsche erfüllt. So aber ist das nicht bei Gott! Er sieht Dich. Doch verwechsele nicht gesehen werden mit alles erfüllt bekommen. Du bist ihm wichtig, auch wenn Du Dir anderes von ihm erhoffst. Ob Du Dich einsam fühlst, oder nicht auffallen willst. Er sieht Dich. Ob Du Dich groß und gut fühlst, oder verzweifelt, krank. Er sieht Dich. Er sieht alle Seiten in uns. Er freut sich an dem, was gelingt. Er sieht auch, wodurch es uns nicht gelingt, ihm Ebenbild zu werden. Gott sieht genauso unsere eingefahrenen Meinungen. Wenn wir innerlich andere oder uns selbst abwerten. Und er sieht die Sackgassen, in denen wir stehen.
Gott sei Dank – er sieht Wege, die wir für unmöglich halten. Sogar, wenn wir Schuld auf uns laden, sieht er diese, und will, dass wir neu anfangen. Mit seiner Hilfe. Mit seiner Gnade. Dann können wir umkehren, neue Schritte gehen.
„Ich habe mich geärgert, die neue Jahreslosung zu lesen“, sagt die ältere Dame im Pflegeheim neulich zu mir. „Mag sein, dass er viele sieht. Aber bei mir scheint er wegzuschauen.“
Sie sagt es zornig. Darauf zu antworten, ohne dass es vertröstend klingt, wird schwierig. Denn so erlebt sie es in ihrer Einsamkeit. Und ist damit nicht alleine. Dazu noch der unerträgliche Krieg in der Ukraine, einer von vielen Kriegen in dieser Welt. Der uns nahekommt. Die Klimakrise. Manche fragen sich, ob Gott ob er sich für uns interessiert. 
Ja, er sieht hin. Aber er handelt nicht, wie wir es wünschen. Wir haben, wie Hagar, umzukehren. Nicht weiter wegzulaufen.
Finde heraus, wie Gott Dein Leben ansieht, in dem vor uns liegenden Jahr. Auch, wenn etwas anderes erwünscht, erhofft wird. Ein gesegnetes neues Jahr und gute Entdeckungen. Gerne können Sie mir schreiben, worauf Sie aufmerksam geworden sind. susanne.gillmann@hugenottenkirche.de

Susanne Gillmann
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Pfarrerin Susanne Gillmann

Ev.-ref. Kirchengemeinde Erlangen