Versöhnen statt Spalten

In unseren Tagen ist der Ton immer rauer geworden. Sachliche Diskussionen werden seltener. Man kann beobachten, wie sich zunehmend feindliche Lager gegenüber-stehen. - Was ist passiert? Können sich Menschen immer weniger leiden? Woher kommt diese Illusion, dass alles „easy“ sein müsste, dass man überall „Freunde“ ha-ben muss? Und wenn nicht, dann … So war es doch auch in Vergangenheit noch nie. Vielleicht konnte man manches besser ertragen, weil man sich nicht so wichtig ge-nommen hat zugunsten von anderen … ? – Eine Aufgabe unserer Kirche, über deren Sinn derzeit wieder neu diskutiert wird, liegt darin, Gottes Botschaften aus der Bibel in unsere Zeit zu tragen und damit menschliches Leben und Verhalten im Sinne Got-tes „auszurichten“. Ein Lernprozess. Daher bezeichneten die ersten Christen ihren „Meister“ Christus auch als den großen „Paidagogos“ (griech.: Lehrer, Erzieher).
Eine der Botschaften, die neulich zu bedenken waren, möchte ich hier wiedergeben: „Endlich aber seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demü-tig. Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, auf dass ihr Segen erbt. Denn wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. Er wende sich ab vom Bösen und tue Gu-tes; er suche Frieden und jage ihm nach.“ (1. Petrusbrief 3,8-11)
Was für eine Zumutung! – könnte man sagen. Für die Christen der Urgemeinde war das aber keine Zumutung, sondern eine logische Konsequenz aus der Nachfolge Je-su. Jesus hat um des menschlichen Friedens auf Erden willen viel erlitten, um nicht zu sagen, „alles“ erlitten auf seinem Leidensweg, der am Kreuz von Golgatha mit dem Tod endete. Er hat dies mit sich geschehen lassen, um den Kreislauf des Bösen zu brechen; am Ostermorgen hat er ihn, indem er von Gott auferweckt wurde, dann besiegt und überwunden. Jesus hat das für uns Menschen getan, ein für alle Mal, gültig bis heute. Das steckt hinter dem Gedanken der „Erlösung“. Aus dieser Befrei-ung kommen die göttlichen Segenskräfte zu uns, die wir „erben“. Das ist so viel Energie, dass es geradezu ungesund wäre, diese für sich alleine zu behalten; sie ist zum Weitergeben gedacht. „Segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid!“
In diesem Sinne sind wir in der Kirche, verbunden mit dem auferstandenen Jesus, in der Lage, den Anwürfen und neuen Feindschaften in dieser Welt etwas entgegenzu-setzen. Segen ist dabei nicht willkürlich verfügbar, sondern er wird auf unserem Le-bensweg in der Begegnung mit Jesus stets neu empfangen. Bevorzugte Orte dafür: unsere wöchentlichen Gottesdienste. Wir laden also herzlich ein, unserer rauen Wirklichkeit etwas entgegenzusetzen: Versöhnen statt Spalten.
 

Pfr Thiele
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Pfarrer Christoph Thiele

Evang. Kirchengemeinde Kalchreuth