Die Tomate Fritz - neues Leben entsteht

Vor einigen Wochen habe ich begonnen, Samen vorzuziehen. Unter anderem die Tomate „Fritz“. Eine Tomatensorte, die wir daheim sehr mögen. Leider passierte bei Fritz wenig. Eigentlich gar nichts. Ich wurde etwas unruhig. Ich hatte vergessen, die Pflanzen zu gießen, sodass die Erde sehr trocken war. Ich wusste bereits, dass ich diese Woche eine Andacht schreiben sollte und dachte: „Ja toll, ich soll über nachhaltiges Leben schreiben und schaffe es nicht mal, Fritz am Leben zu halten.“ 
Damit sind wir doch beim Thema, oder? Gott hat uns Menschen, seine Welt und seine Schöpfung anvertraut. In den alten Übersetzungen heißt es, wir sollen uns die Erde untertan machen. Ich mag die Formulierung nicht, denn sie ist in unserer Sprache zu sehr mit Unterwerfen und Besitzen verbunden. Anders gesagt: Wir haben die Schöpfung in die Hand gelegt bekommen. Gott hat uns gerufen, diese zu hegen und zu pflegen. 
Hegen und Pflegen meint etwas anderes als alles besitzen. Daraus ergeben sich keine Vorrechte. Die Erde ist uns von Gott, biblisch gesprochen, nur geliehen. Wir sind Pächter:innen. Haben dann Einzelne ernsthaft alle Rechte am Erbgut, wenn sie diese entschlüsseln? Haben diejenigen, die sich Grund kaufen können, das Recht, mit dem Grund und Boden alles zu machen, ihn auszubeuten? Biblisch gibt es da ein klares Nein. Nein, wir haben nicht alle Rechte! Die Schöpfung und alles, was darinnen ist, gehört Gott. Uns ist sie anvertraut. 
Und nun wird es mühsam: Denn wir sind schon recht verfangen, in Gewohnheiten, oder? Ob Verpackungen, das zu große Auto, die rasanten Angebotswechsel in der Modebranche. Skifahren ohne Schneewinter. Wir sind verfangen, und es braucht unglaublich viel Anstrengung, den eigenen Lebensstil zu ändern. Jedoch: Gott sieht in uns ziemlich fähige Wesen. Ich bin mir sicher, er wollte nicht den Bock zum Gärtner machen. 
Und wir haben so viel Potenzial: Da ist die Familie, die seit Corona ihr Brot selbst bäckt, statt abgepacktes zu kaufen. Da ist die Kollegin, die inzwischen tagtäglich 20 km mit dem Fahrrad zurücklegt, das Auto bleibt stehen. Da ist der Gärtner, der bewusst heimische Gehölze anbietet – und Überzeugungsarbeit leistet. Oder die Jugendlichen, die vegan leben, um CO₂ einzusparen.
Die Schöpfung ist Resonanzraum für unseren Glauben. In ihr zeigt sich, was es heißt: Neues Leben entsteht. Doch die Lösung beginnt gar nicht bei uns. Sie beginnt bei Gott. Aufgrund all der Machtspiele und der Tatsache, dass wir Gewohnheitsrechte häufig mit Grundrechten verwechseln, sieht er nur einen Weg: Er überwindet in Hingabe und Liebe das Tödliche. Nicht Gewalt, oder Rechthaberei hat das letzte Wort, sondern der Neuanfang in Liebe. Nicht das Beharren auf alle Gewohnheiten und Verbitterung haben das letzte Wort, sondern der Neuanfang in Liebe. So gibt er seinen Sohn für uns, und überwindet das Tödliche durch die Auferweckung. Eine Neuschöpfung, ohne das Alte zu vernichten. Das hat bereits begonnen. Seit dieser Zeit lassen sich Menschen von dieser überwältigenden Liebe beeinflussen und wagen Hingabe und Neuanfänge. Das Tödliche ist schon überwunden: Diese Welt hat eine Zukunft. Ein Neuanfang ist möglich. Gott hat uns versöhnt, wir müssen nicht in dem Alten verfangen bleiben. Gott traut uns das zu. 
Übrigens, Fritzens Nachkommen geht es ganz gut. Offenbar sind Gottes Samen sehr widerstandsfähig. Sie können gut mit uns Menschen umgehen. Geben wir unseren Mitgeschöpfen viele Chancen. Die können das, wenn wir sie lassen.

Einen gesegneten Sonntag, Susanne Gillmann 
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